27 August 2007

Beruf: Bestatter

Ein heikler Beruf. Begnadet in seinem Weblog bringt uns Tom der Undertaker diesen Berufsstand und die Welt des Bestattens nahe. Sehr zu empfehlen. Hier eine Beispielgeschichte:

Zum blauen Bock
Category: daily stuff
Markenzeichen der TV-Äppelwoi-Wirtschaft “Zum Blauen Bock” war ja immer der Bembel, jener irdene Apfelweinkrug mit dem springenden Bock drauf. Manch einer von uns erinnert sich noch daran, wie die “Frau Wirtin”, Lia Wöhr, mit dem Bembel schlenkernd herbeischlenderte, um den plauderfreudigen Heinz Schenk ein wenig im Fortgang der Sendung zu beschleunigen. Wenn Oberkellner Schenk dann mal nicht so zügig fertig wurde, hatte Frau Wirtin den Bembel auch schon mal unter den Arm geklemmt und wippte mit dem Fuße.
Warum erzähle ich das? Das ist ja nicht das TV-Weblog hier.Na, ich fühlte mich heute an dieses Bild erinnert. Ich war auf einer Urnenbeisetzung. Die Witwe war alleine, niemand wäre mit ihr mitgegangen, da habe ich mir gedacht, es wäre doch gar nicht verkehrt, wenn ich ihr meine breiten Schultern zum Anlehnen leihe.
Um 14 Uhr war der Termin, wir sind kurz vorher da. Um genau 14 Uhr kommt der Friedhofswärter aus seinem Kabuff. Er trägt eine grüne Gärtnerlatzhose, ein kariertes Baumfällerhemd und gelbe Gummistiefel. “Können wir?”
“Nee”, sage ich, “könnten Sie sich vielleicht noch was anderes anziehen?”Der Grobschlächtige brummt, geht nochmal rein und als er wieder rauskommt, hat er einen grauen Hausmeisterkittel übergezogen. Die Urne trägt er unter dem Arm, so als ob er ein Ferkel zu Markte trägt, oder eben einen Bembel.
Einen Pfarrer gibt es nicht, das will die Witwe ohne Brimborium hinter sich bringen, also gehen wir los. Der Bembelmann stapft mit großen Gummistiefelschritten voraus, ich schließe auf und flüstere ihn von hinten an: “Können Sie die Urne nicht würdiger tragen?”
Er glotzt bloß einmal doof über seine Schulter und marschiert weiter.
Am Grab bleibt er stehen, stellt die Urne neben das ausgehobene Loch, wartet bis ich mit der alten Dame auch da bin, dann sagt er: “Is noch was?” Ich nicke und trete einen Schritt zur Seite und sage ein paar feierliche Worte, schließe mit dem Vaterunser ab, das die Witwe richtig laut mitbetet.Am Ende sage ich “Amen” und der Bembelmann nimmt die Urne. Statt die beiden Bänder herauszuziehen, um die Urne langsam abzulassen, kniet er sich hin und lässt die Blechdose einfach ins Loch fallen, sodass es unten hörbar “Plong” macht.
Dann steht er auf, dreht sich um und stapft weg. Der verbeugt sich nicht mal, nichts, gar nichts.
Wenigstens steht ein Holzkübel mit etwas Erde und einer Schaufel da. Ich führe die Witwe hin und helfe ihr dabei, ein paar Schäufelchen ins Loch zu werfen. Dabei merke ich, dass sie davon gar nicht genug bekommt. Blitzschnell überlege ich, was los ist und dann kommt mir die Idee: “Soll’n wer zuschaufeln?” Sie nickt heftig: “Ja bitte, ganz zu!” Ich sage: “Damit der das nicht macht?” “Ja”, sagt sie, “der war gräßlich, lassen Sie uns das machen.”
Gemeinsam, jeder immer drei, vier Schaufeln, haben wir das Loch zugeschüttet, die ganze Erde hineingeschaufelt, vielleicht insgesamt 10-15 Liter. Als wir fertig sind strahlt die Alte vor Freude, klopft die Erde noch mit der Schaufel fest und sagt: “Das war jetzt aber schön.”
Beim Rausgehen steht der Friedhofsmann am Durchgang, den Kittel hat er schon wieder aus und hält die Hand hin, sodass man nicht weiss, ob er der Witwe die Hand geben will oder ob er um ein Trinkgeld bettelt. Ich will die Witwe weiterziehen, nicht dass die dem Deppen noch was gibt. Doch sie bremst, wie ein Hund am Eingang von der Tierarztpraxis, bleibt stehen und nestelt ihren Geldbeutel aus der Handtasche. “Nicht doch!”, denke ich, doch dann sehe ich, wie sie mit spitzen Fingern dem Friedhofsmann ein einzelnes Centstück in die Hand legt. Dazu sagt sie: “Mehr war das nicht wert. Schönen Tach noch!”, dreht sich um, hakt mich ein und sagt beim Weggehen zu mir: “So, und jetzt gehen wir zwei Hübschen einen trinken und der nächste Penner an der Ecke kriegt von mir 20 Euro geschenkt.”

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